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Das letzte Hemd hat keine Taschen - hübsch soll es aber sein


Was ziehe ich auf der letzten Reise des Lebens & Sterbens eigentlich an?


von Annett Fleischer


Auf diese Frage kommt man eigentlich meist nur, wenn man sich mit dem Tod beschäftigt. Es ist kein bequemes Thema. Die Ursachen für das Denken über unser eigenes Sterben oder das eines anderen wichtigen Menschen sind vielfältig. Obwohl ich schon einige Menschen in meiner Familie im Sterben begleitet habe, hatte ich nicht die Gedanken "wie will ich denn eigentlich mal für meine letzte Reise, platziert im Sterbebett oder im Sarg gebettet sein". Das kam tatsächlich erst bei einer Totenfürsorge für eine mitteljunge, mir fremde Frau.



Leinen Totenkleid, handgearbeitet, design by Annett Fleischer, Samt und Leinen Stoffe, bodenlang, hinten geöffnet
Ein Totenkleid für eine Frau aus Leinen, mit Samt Applikationen, hinten geöffnet, von hoher Qualität



Im Auftrag der Familie und des Bestatters versorgte ich zusammen mit einer Kollegin die verstorbene Frau in einem Raum, der an Romantik und Wärme natürlich zu wünschen ließ. Es war eben nicht das Zuhause der Verstorbenen, sondern eine gekühlte Halle.


Ich sah die Frau auf dem Tisch und die Tasche mit der Kleidung, die die Familie gern an ihr sehen wollte. Zwischen Kleidung und Tod lagen einige Jahre und veränderte Körperzustände, sodass ich schnell verstand: das passt ja gar nicht mehr. Ein wunderschönes weißes Kleid musste am Rücken aufgeschnitten werden, was mir irgendwie leid tat. Doch anders konnten wir der Verstorbenen das Kleid nicht anlegen.


Das war der Moment, in dem ich auf den Gedanken kam: Oh mein Gott. Ein Standard Leichenhemd, das man käuflich beim Bestatter erwerben kann und meist eine furchtbare Qualität hat, will ich auf keinen Fall. Aber vielleicht passen mir später einfach auch nicht mehr meine schönen Kleider. Denn Fakt war für mich immer: Wenn ich hier gehe, dann natürlich hübsch zurecht gemacht. Als Dank sozusagen, dass ich hier auf der Erde so abwechslungsreich herumspazieren konnte und ein schönes Leben hatte.


Zu Hause setzte ich mich also hin und machte mir eine Skizze von einem Kleid, dass hübsch aussieht, praktisch ist (also hinten offen, damit alle Veränderungen des Körper mühelos von meiner letzten Garderobiere bewältigt werden können), aus natürlichen Materialien ist (also auf keinen Fall solch eine Polyester Mischung, wie sie sonst als Leichenhemd gern verkauft wird) und meiner Person entspricht.


Herausgekommen ist dann dieses Modell. Ich habe es einmal anfertigen lassen, für ca. 200 € und nun hängt es im Schrank für alle Fälle. Haha.. mehr braucht es auch nicht. Ich reise dann ohne Gepäck, zum Glück.


Wer Interesse hat, seine letzte Garderobe zu gestalten und letztlich fertig in den Schrank zu hängen, kann sich gern bei mir melden.







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